Persönliche Stellungnahme von Immanuel Wolf


Liebe Leute,

die Auseinandersetzungen um die GHEC gibt es schon spätestens seit Ende Januar diesen Jahres. Beschäftigen tut sie uns schon länger. Wir haben viel Zeit damit verbracht, allein auf unserer internen Mailingliste des BVNL sind über 70 teils lange Mails zu dem Thema geschrieben worden. Die Mails mit Dagmar, Jonas und den anderen Organisatoren, den Menschen vom Netzwerk Bildungsfreiheit, der Learning Unlimited-Liste etc. werden ein Vielfaches davon sein. Es ging dabei nicht um die Abgrenzung von den „Religiösen". Auch christlich lebende Familien haben die Konferenz scharf kritisiert.

Viele Menschen haben die Organisatoren der Konferenz gebeten, diese doch in ein anderes Land zu verlegen. Es gab auch den Vorschlag, die Konferenz um ein Jahr zu verschieben, um doch noch eine gemeinsame Basis für solch eine Konferenz schaffen zu können. Als deutlich wurde, dass die Organisatoren der GHEC darauf nicht eingehen, haben wir als Lernen ist Leben – Bundesverband Natürlich Lernen! e. V. (BVNL) unseren Beschluss gefasst, mit dem wir uns von dieser Konferenz abgrenzen.

Wichtig sind mir insbesondere die folgenden Punkte:
  • Die HSLDA spielt bei der GHEC eine große Rolle und in ihrem Kontext ist die Konferenz auch entstanden. Dagmar findet das nicht falsch, doch da geht es vielen anders.
  • Bei der GHEC geht es explizit um Elternrechte. Wie weit gehen die Rechte von Eltern? Laut HSLDA ist es eine Verletzung der Grundrechte der Eltern, wenn es diesen verboten ist, ihre Kinder aus erzieherischen Gründen zu schlagen. Das ist nicht der Kontext, in dem ich mich für Bildungsfreiheit einsetze.
  • Dagmar schreibt, dass sie mit allen Menschen zusammen arbeiten würde, mit denen sie gemeinsame Ziele hat. Dabei zählt sie unter anderem Scientology auf. Das kann ich absolut nicht nachvollziehen. Man kann gemeinsame Ziele und dabei doch gegensätzliche Interessen haben. Mir geht es nicht nur um die Freiheit meiner eigenen jüngeren Brüder oder vielleicht später meiner eigenen Kinder.

Unser größtes Hindernis für die Bildungsfreiheit sind gerade die in der Gesellschaft weit verbreiteten Bedenken, dass die Kinder dann völlig ihren Eltern oder irgendwelchen Sekten ausgeliefert sind. Da ist es wichtig, immer wieder zu zeigen, dass diese Bedenken in den meisten Fällen unbegründet sind, die Familien in der Gesellschaft aktiv sind, es den Kindern gut geht. Bei Familien wo es gelingt, das deutlich zu machen, hat es der Staat schwer, Zwangsmaßnahmen zu rechtfertigen.

Wir als in Deutschland lebende Freilerner sind gerade in der Situation, dass die Behörden anscheinend kein großes Interesse an einer öffentlichen Auseinandersetzung haben, die Beamten tun, was sie meinen tun zu müssen, aber nicht mehr. Gerichtsverfahren bringen Öffentlichkeit, die uns nützt. Die tatsächlichen Kosten halten sich auch noch in Grenzen. Das Verwaltungsgericht schimpft mit dem Schulamt, weil es sie mit solchen Fällen überhäuft, statt Kompromisse auszuhandeln. Die Zwangsmaßnahmen gegen Schulverweigerer werden immer mehr diskutiert und der pädagogische Nutzen von Bußgeldern und Gefängnis bei Jugendlichen in Frage gestellt.
Ich hoffe sehr, dass bald das Video der Piratenpartei Berlin veröffentlicht wird, in dem die Diskussion zum Antrag "Bildungspflicht statt Schulpflicht" aufgezeichnet wurde. Gerade ist viel in Bewegung. Die Unzufriedenheit mit dem Bildungssystem ist groß. Wir haben viele Punkte, an denen wir ansetzen können.

Hat von euch schon Mal jemand erlebt, wie bei Demonstrationen als Demonstranten verkleidete Polizisten mit Steinen schmeißen, um einen brutalen Polizeieinsatz zu rechtfertigen?

Wenn die HSLDA, Scientology oder vielleicht gar die NPD eine gesellschaftliche Debatte über Home Education anstoßen, hat das für uns eine ähnliche Wirkung. Sofern wir es dann nicht schaffen, uns glaubhaft von solchen Organisationen zu distanzieren.
Eine solche öffentliche Debatte, die Behörden unter Handlungsdruck setzt und Zwangsmaßnahmen rechtfertigt, können wir nicht gebrauchen.

Immanuel Wolf

P.S. Ich schreibe hier ausdrücklich als Immanuel. Dies ist keine Stellungnahme des BVNL.

2 Kommentare:

  1. "Hat von euch schon Mal jemand erlebt, wie bei Demonstrationen als Demonstranten verkleidete Polizisten mit Steinen schmeißen, um einen brutalen Polizeieinsatz zu rechtfertigen?"

    Das ist ein sehr guter Hinweis!
    Unter allem, was ich mittlerweile zu HSLDA recherchiert habe, fand ich auch mehrfach Hinweise darauf, dass der Auftritt von HSLDA für Homeschooling in verschiedenen amerikanischen Bundesstaaten wie auch in Übersee dazu geführt hat, dass Gesetze für Homeschooler verschärft wurden. In Bezug auf das Stammland von HSLDA, die USA, darf man dabei auch nicht übersehen, dass die Führungsriege der Organisation aus Rechtsanwälten besteht. Je zugespitzter die rechtliche Situation wird, unter der Homeschooler leben müssen, desto mehr Arbeit fällt für Anwälte an ...

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  2. Ich habe nicht über die HSLDA recherchiert, sie mag ja wirklich ganz böse sein. Nur denke ich nicht, dass es eine gute Idee ist, wenn sich verschiedene Homeschooler voneinander distanzieren.

    Ich denke, es bringt viel mehr, zu erkennen, dass keine der verschiedenen Richtungen eine Chance hat, von den Mainstreammedien nicht verleumdet zu werden. Und dass es die Medienhetze gegen Home- wie Unschooling allgemein nur verstärkt, wenn die verschiedenen Gruppierungen auf solche Hetzaktionen gegen andere Gruppierungen aufspringen und so die Hetze noch verstärken.

    Es ist viel wichtiger und nützlicher, wenn man sich, auch wenn man, wie ich, als atheistischer Anhänger von Unschooling religiösem Homeschooling kritisch gegenübersteht, sich nicht auf diese Kritik konzentriert, sondern statt dessen die Mechanismen, Methoden und Gründe für die Medienhetze auseinandernimmt und kritisiert, und den Leuten klarmacht, dass eine Welt voll religiösen Homeschoolings immer noch pluralistischer und freier, und ein kleineres Übel ist als eine Welt mit staatlicher Einheitszwangsschule.

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